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Er ist's
Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's
Dich hab ich vernommen!
Eduard Mörike
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Martsishor
Moldauisches Volksmärchen
Vor langer, langer Zeit, stieg die Sonne als gutaussehende, tapfere junge Frau in die Dörfer hinab. Da überfiel sie ein Drache, entführte sie und nahm sie gefangen. Die ganze Welt trauerte, die Vögel im tiefen Wald vergaßen ihre Lieder. Das Rauschen der Quellen, die Lieder der jungen Mädchen, das Lachen der Kinder, verwandelten sich in ein Gefühl tiefer Trauer. Niemand wagte es, mit dem schrecklichen Drachen zu kämpfen.
Aber das Zagen nahm ein Ende. Ein tapferer Mann entschied sich, die Sonne aus dem Drachengefängnis zu befreien. Alle begleiteten ihn: die traurigen Landsleute, Väter, Mütter, Schwestern, Freunde und Brüder. Sie alle gaben ihm ihre Kraft, um ihm bei seiner schwierigen Aufgabe zu helfen. Es verging ein Sommer, dann der Herbst und der ganze frostige Winter, bis der junge Mann die Burg des schrecklichen Drachens fand. Dort begann ein grausamer Kampf um Leben und Tod. Sie schlugen sich gnadenlos, vergossen Blut und Schweiß im Kristallschnee.
Stark war der Drache, stark war der tapfere Mann. Voller Wunden waren ihre Oberkörper, Arme und Schultern. Endlich war es der mutige Mann, der den Sieg errang. Der schreckliche Drache wurde getötet und fiel hin. Als der junge Mann die schwarzen Wände des Gefängnisses niederrichtete, ließ er die schöne Sonne frei. Die Sonne schoss in den Himmel. Die Natur begann sich zu erholen, die Menschen waren froh.
Der verwundete, tapfere Mann sah glücklich in den Himmel. In diesem Moment beobachteten die Leute, dass sein warmes Blut auf den Schnee fiel, der zu tauen begann, und Blumen wuchsen und erwachten aus der Erstarrung. Die Schneeglöckchen und Narzissen schaukelten sanft ihre Blütenblätter und läuteten den Beginn des Frühlings ein. Es war ein Zeichen, dass das Gute über das Böse gesiegt hatte.
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Seitdem stricken alle Mädchen zwei Quasten: eine weiße und eine rote - ein Hinweis darauf, dass der Frühling beginnt. Das Zeichen an den Quasten wird Martsishor genannt, was eine Verniedlichung des ersten Monats des Frühlings ist. Die rote und weiße Farbe bedeuten Liebe und stehen für alles Schöne und sie sind die Farben, die Glück, Gesundheit und Reinheit symbolisieren. Wie die sanften zerbrechlichen Schneeglöckchen oder Narzissen – die ersten Blüten im Frühjahr.